Was hilft im Umgang mit Konflikten – insbesondere wenn sie mit Kollegen aus anderen Kulturkreisen entstehen? Ein kurzer Einblick:
„Stell Dir vor, was mein Kollege aus Frankreich (oder Indien oder Brasilien oder..) sich letzte Woche wieder erlaubt hat: da haben wir lang und breit diskutiert und verhandelt, wie die nächsten Schritte im Projekt aussehen und was er dafür liefern muss. Ich habe es sogar im Protokoll festgehalten. Und was tut er? Nichts! Gestern hätte er liefern sollen, aber nichts ist passiert. Wenn ich nicht dauernd hinterher bin, dann macht der einfach nichts, ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll.“
Kennen Sie dieses Gefühl der Ohnmacht und des Ärgers auf den Kollegen?
Konflikte im Alltag sind allgegenwärtig und werden trotzdem oft als unangenehm empfunden, denn natürlich hätten wir es lieber harmonisch und reibungslos. Wenn unsere Konfliktpartner aus einem anderen Kulturkreis kommen, haben wir das Gefühl, dass es noch mal schwieriger wird, weil noch mehr unterschiedliche Wertvorstellungen, Kommunikationsmuster und Bedeutungssysteme aufeinander treffen.
Im Umgang mit Konflikten hilft die Fähigkeit, sich mit seinem Konfliktpartner über die unterschiedlichen Vorstellungen austauschen zu können – ohne ihn abzuwerten. Das dadurch generierte gegenseitige Verständnis schafft u.a. eine tragfähigere Beziehung und lässt die Lösung eines Konfliktes auf der Sachebene einfacher werden oder beugt Konflikten durch Missverständnisse vor.
Die Kenntnis der sogenannten Kulturdimensionen kann als Ausgangspunkt bei dem Austausch über Unterschiede helfen, z.B.:
- Zeitorientierung (polychrom – monochrom) – Wie gehen wir mit Zeit um? Was bedeutet für uns Planung und wie wichtig ist sie uns?
- Direkte – indirekte Kommunikation (niedriger – hoher Kontext) – Wie direkt sind wir in unserer Kommunikation und wie viel steht zwischen den Zeilen?
- Individualismus – Kollektivismus – Wem fühlen wir uns verpflichtet? Wie gehen wir mit Konflikten um?
- Umgang mit Ungewissheit – Welche Sicherheit brauchen wir? Was stresst uns?
Wie gehen wir mit Emotionen um, was ist „erlaubt“ zu zeigen?
- Machtdistanz – Wie gehen wir mit Ungleichheit um und was erwarten wir?
- Tun-Orientierung – Sein-Orientierung – Was macht uns zufrieden? Was motiviert uns?
Genauso hilfreich ist die Kenntnis der eigenen kulturellen Basis, die für uns so selbstverständlich ist, dass sie uns gar nicht mehr bewusst ist.
Wir Deutschen haben z.B. im Vergleich zu vielen anderen Kulturen eine deutlich höhere „internalisierte Kontrolle“ (vgl. Sylvia Schroll-Machl, Die Deutschen – Wir Deutsche“), d.h. dass wir eher dazu tendieren, Regeln einzuhalten, auch wenn dies nicht direkt kontrolliert wird. Vereinbarungen, die getroffen wurden, sehen wir als verbindlich an – umso mehr, wenn diese gemeinsam nach einer Diskussion getroffen und schriftlich festgehalten wurden. Sollte es z.B. Probleme bei der Umsetzung oder einen Zeitverzug geben, werden wir den anderen fast selbstverständlich darüber informieren. Oft gehen wir einfach davon aus, dass unsere Gesprächspartner das genauso tun.
Das ist aber keineswegs für jeden selbstverständlich. Was ich bereits als Vereinbarung ansehe, ist für meinen Gesprächspartner vielleicht nur eine erste Absichtserklärung. Oder er erwartet, dass man regelmäßig nachfasst, um zu zeigen, dass es für einen wirklich wichtig ist – sonst macht er die Dinge, die andere von ihm mit mehr Nachdruck immer wieder einfordern oder er zieht die Aufträge vor, zu deren Empfängern er eine bessere Beziehung hat.
Um im interkulturellen Umfeld Konflikte zu vermeiden oder möglichst zufriedenstellend zu lösen ist es wichtig, Beziehungen aufbauen zu können.
Hierbei sind folgende Kompetenzen hilfreich:
· Bereitschaft, den Konflikt anzugehen und Beziehung aufzubauen
· Empathie und Verständnis für sich selbst und andere sowie die Fähigkeit, Unterschiede im Gespräch herauszuarbeiten ohne den anderen abzuwerten
· Ernsthaftes Bemühen um die Akzeptanz unterschiedlicher Wirklichkeiten
· Nichtwissen aushalten können, Unsicherheit eingestehen
· Flexibilität und Kreativität
Mit diesen Kompetenzen kann der eingangs angesprochene Konflikt genutzt werden damit beim nächsten Schritt die Zusammenarbeit besser funktioniert.