Die Telemedizinbranche in Deutschland befindet sich durch den technologischen Fortschritt, Änderungen bei den Regelungen und veränderte Anforderungen der Patienten in einem ständigen Wandel.
Die COVID-19-Pandemie war der Auslöser eines massiven Aufschwungs im Bereich digitaler Gesundheitslösungen. Seither ist die Nachfrage auf einem hohen Niveau geblieben.
Die allmähliche Integration der Telemedizin in das reguläre Gesundheitssystem sorgt für Wachstum, bringt aber auch einige Herausforderungen.
Anpassungen bei den Regelungen
Lange Zeit waren telemedizinische Dienstleistungen in Deutschland durch enge gesetzliche Vorgaben eingeschränkt. Das Fernbehandlungsverbot, das bis 2018 nur begrenzte digitale Beratungen erlaubte, wurde erst vor einigen Jahren gelockert. Seit der Änderung der Berufsordnung der Ärzte sind Fernbehandlungen unter bestimmten Bedingungen erlaubt.
Die Einführung des Digitalen-Versorgung-Gesetzes (DVG) im Jahr 2019 war ein Meilenstein für die Telemedizin. Seither können Ärzte digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf Rezept verschreiben und die gesetzlichen Krankenkassen können die Kosten dafür übernehmen.
Zudem eröffnete die Verabschiedung des Digital-Gesetzes 2023 weitere Möglichkeiten für die weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens, indem es die elektronische Patientenakte (ePA) und die Nutzung von Videosprechstunden förderte.
Diese Entwicklungen führten zu einem rasanten Wachstum der Branche. Laut Branchenanalysten wird der deutsche Telemedizinmarkt in den nächsten Jahren weiterhin wachsen.
Experten prognostizieren, dass die zunehmende Akzeptanz digitaler Gesundheitsdienste zu einer Umstrukturierung des gesamten Gesundheitssektors führen wird.
Zunehmende Akzeptanz und veränderte Bedürfnisse
Die steigende Akzeptanz der Telemedizin ist nicht zuletzt auf veränderte Anforderungen der Patienten zurückzuführen. Sie erwarten flexible, digitale und effiziente Lösungen. Insbesondere junge Menschen und Patienten auf dem Land profitieren von den Möglichkeiten der Telemedizin, weil sie lange Anfahrtswege und Wartezeiten vermeiden können.
Zudem hat sich das Nutzerverhalten in der Gesundheitsversorgung während der Pandemie dauerhaft verändert. Viele Patienten, die erstmals während der Lockdowns telemedizinische Dienste in Anspruch genommen haben, sehen sie nun als normalen Bestandteil des Gesundheitssystems.
Untersuchungen zeigen, dass ein großer Teil der Bevölkerung Videosprechstunden gegenüber aufgeschlossen ist und sie bei unkomplizierten Leiden (z. B. einer Erkältung) einem physischen Besuch in einer Arztpraxis vorzieht.
Wettbewerb und Innovationen
Mit der steigenden Nachfrage wächst auch der Wettbewerb unter den Anbietern. Neben etablierten Telemedizinplattformen drängen neue Akteure auf den Markt. Start-ups, traditionelle Gesundheitsdienstleister und große Technologieunternehmen konkurrieren um Marktanteile.
Eines der zentralen Themen im Bereich der Telemedizin sind Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung. Intelligente Chatbots und KI-gestützte Diagnosesysteme unterstützen Ärzte bei der Anamnese und Erstdiagnose.
Auch die Integration von Wearables und Gesundheits-Apps in telemedizinische Lösungen spielt eine immer größere Rolle. Die kontinuierliche Überwachung von Vitalwerten ermöglicht eine präzisere Diagnose und Behandlung, besonders für chronisch Kranke.
Zudem eröffnen sich neue Geschäftsfelder in den Bereichen elektronische Verarbeitung von Rezepten und Versorgung mit Medikamenten. Digitale Plattformen erleichtern den Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten und tragen dazu bei, das Gesundheitssystem insgesamt effizienter zu machen.
Bekannte Plattformen
Zu den bekannten Anbietern telemedizinischer Dienstleistungen in Deutschland zählen ZAVA, Fernarzt.com und Clickdoc. Das umfassende Arzt- und Apothekenservice DoktorABC ist ein gutes Beispiel für die Leistungen und Möglichkeiten solcher Plattformen: Die Patienten können direkt über die Website ihre Daten eingeben, sich von Ärzten beraten lassen, ein gültiges Rezept bekommen und Medikamente bei den Partnerapotheken bestellen.
Solche integrierten Lösungen verkürzen den Prozess von der Diagnose bis zur Lieferung der Medikamente ganz erheblich und erfreuen sich deshalb wachsender Beliebtheit. Die nahtlose Verzahnung von Telemedizin und Versandapotheken machen das Gesundheitssystem effizienter und bieten in vielen Fällen eine praktischere Alternative zum traditionellen Arztbesuch.
Herausforderungen
Trotz des positiven Trends gibt es Herausforderungen für die Telemedizinbranche. Vor allem der Datenschutz bleibt ein zentrales Thema. Die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und die Entwicklung sicherer IT-Infrastrukturen sind technisch anspruchsvoll, aber für das Vertrauen der Patienten entscheidend.
Eine weitere Aufgabe ist die immer noch begrenzte Integration telemedizinischer Angebote in das traditionelle Gesundheitssystem. Trotz Fortschritten bei der digitalen Vernetzung funktioniert die Verbindung verschiedener Systeme nicht immer einwandfrei, was die Kommunikation zwischen Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern schwierig macht.
Zudem akzeptieren nicht alle Ärzte die Telemedizin. Während einige die Telemedizin als Chance sehen, gibt es auch Skeptiker, die Bedenken wegen der Qualität der Diagnosen äußern.
Zukunftsperspektiven
Die Zukunft der Telemedizin in Deutschland hängt maßgeblich davon ab, wie gut die Branche diese Herausforderungen bewältigen kann.
Technische Fortschritte und die wachsende Akzeptanz bei den Patienten lassen darauf schließen, dass der Boom bei der digitalen Gesundheitsversorgung weiterhin anhalten wird.
In den kommenden Jahren wird die Telemedizin von immer mehr Menschen als normal empfunden werden – und gerade dadurch das deutsche Gesundheitswesen nachhaltig verändern.